Unterzeichnung einer Haftpflichtversicherung
Unterzeichnung einer Haftpflichtversicherung

Ein Kunde von uns hat sich für die Bergung seiner Grassilage einen Ladewagen geliehen. Gleich am ersten Tag hat diese seinen Azubi in den Graben „geworfen“ – Schaden über 20.000 Euro! Wenn dies gestern bei Euch passiert wäre, seid Ihr gegen die Forderung des Landtechnikhändlers, von dem Ihr Euch diese Maschine geliehen habt, vollumfänglich geschützt? Im ersten Artikel der Themenreihe Haftung in der Landwirtschaft werfen wir zuerst einen Blick auf den Betrieb in unserem Praxisbeispiel und erläutern, wie Ihr Euer Betriebsstätten-Risiko richtig absichert…

Risiken Hof

Auf dem Bild seht Ihr einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb und sein gesamtes Umfeld. Heute geht es um die Frage, welche Forderungen können durch fremde Dritte, an mein Unternehmen und mich im Rahmen des sogenannten Betriebsstätten-Risikos herangetragen werden. Unter dem Betriebsstätten-Risiko wird das Risiko verstanden, dass (fremde) Dritte in einer Betriebsstätte (Hof) zum Beispiel durch Unterlassen der Verkehrssicherungspflicht zu Schaden kommen. Dieses Betriebsstätten-Risiko ist Kernbestandteil einer Betriebshaftpflichtversicherung.

Absicherung des Betriebsstätten-Risikos in der Landwirtschaft

Eine Betriebshaftpflichtversicherung ist für landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland gesetzlich nicht vorgeschrieben, sollte jedoch ein Muss für jeden Hof sein! Warum? Der Gesetzgeber sieht vor, dass man für alle Schäden, die man schuldhaft verursacht hat, haftet! Die Möglichkeiten in eine Haftungssituation zu kommen sind vielfältig.

Was sind die Aufgaben einer Betriebshaftpflicht?

Der Versicherungsschutz umfasst die Freistellung des Versicherungsnehmers von begründeten gesetzlichen Ansprüchen Dritter auf Schadensersatz. Der Haftpflichtversicherer prüft zuerst, inwieweit die an den Landwirt gemachten Ansprüche berechtigt sind. Wenn dies bejaht wird, gleicht der Versicherer diese Ansprüche aus. Sind die Forderungen der Dritten unbegründet, dann wehrt der Versicherer diese ab, auch vor Gerichten. Insoweit hat die Betriebshaftpflicht auch immer einen passiven Rechtsschutz.

Experten-Rat: Will ich als Landwirt „aktiv“ mein Recht durchsetzen und Chancengleichheit mit meinem Gegenüber im Rechtsstreit haben, dann empfehlen wir den Abschluss einer passenden Rechtsschutzversicherung. Diese Sparte werden wir hier später noch einmal thematisieren. Der Versicherungsschutz in der Betriebshaftpflicht gilt allerdings nur für auf Ersatz eines Schadens gerichtete Ansprüche, nicht auf solche, die auf Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen gerichtet sind.

Haftung in der Landwirtschaft – Risiken der Betriebsstätte

Gefährdung von Besuchern und KundenKunde rutscht im Hofladen auf einem frisch gewischten Boden aus.
Regress bei Arbeitsunfällen bei MitarbeiternDie Krankenkasse regressiert bei grob fahrlässiger Verursachung eines Arbeitsunfalls gegen den Landwirt.
Einsatz von selbstfahrenden ArbeitsmaschinenDer Teleskoplader beschädigt ein Lieferantenfahrzeug
Beschädigung geliehener MaschinenDas geliehene Güllefass wird durch eine Fehlbedienung beschädigt.
Abhandenkommen von Sachen der Belegschaft/ GästenDer Mantel eines Besuchers wird gestohlen.
Schäden an LeitungenBei Aushubarbeiten wird die elektrische Zuleitung gekappt, der Betrieb des Kunden liegt für etliche Stunden lahm.
Rainer Liebich und Torsten Schröder gehen einen laendlichen Weg entlang.

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Worauf sollten Landwirte bei der Betriebshaftlichtversicherung achten?

Teilt unbedingt Eurem Haftpflichtversicherer alle Tätigkeiten mit, die Ihr über das Jahr ausübt. Warum ist das wichtig? Wir haben Kunden, die neben Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb z. B. noch Baggerarbeiten ausführen. Je nachdem welche Tätigkeiten mit dem Bagger für fremde Dritte verrichtet werden, bewegt sich der Betrieb, unter Risikogesichtspunkten, sehr schnell in der Baubranche. Achtung: Hier reicht die klassische, landwirtschaftliche Betriebshaftpflichtversicherung definitiv nicht mehr aus!

Einige Betriebe führen auch einen Winterdienst durch. Wir erleben es immer wieder, dass zwar die landwirtschaftlichen Zugmaschinen, mit denen diese Dienstleistung verrichtet werden, entsprechend abgesichert sind, in der Betriebshaftpflicht hierzu aber nichts vermerkt ist. Warum ist der Einschluss in der Betriebshaftpflicht so wichtig? Viele Landwirte räumen z. B. Firmengelände. Neben dem Schnee räumen, streuen sie auch Salz. Bringen Sie nun zu wenig Salz aus und jemand stürzt auf dem Betriebsgrundstück, stecke ich als Dienstleister sehr schnell in der Haftung. Gleiches gilt für Baumfällarbeiten, Heckenschnitt, Aufarbeiten von Feld- und Waldwegen etc.

Arbeitsunfall und Regress der Berufsgenossenschaft

Trotz stetig steigender Sicherheitsanforderungen im landwirtschaftlichen Berufsalltag kommt es immer wieder zu Unfällen auf den Höfen. Dies ist schon tragisch genug und keiner wünscht sich ein solches Szenario. Doch was ist, wenn dem Landwirt nach erfolgreicher Behandlung des verunglückten Mitarbeiters plötzlich eine Zahlungsaufforderung der Berufsgenossenschaft in nicht erheblicher Höhe zugeht? Landwirtschaftliche Unternehmer und ihre Leitungspersonen müssen im Nachgang von Arbeitsunfällen häufig nicht nur mit verwaltungsrechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern sie geraten in vielen Fällen auch in den Fokus staatsanwaltlicher Ermittlungen. Diese können mit unangenehmen strafprozessualen Maßnahmen einhergehen und es droht eine reputationsschädigende Hauptverhandlung.

Hier kommt die bereits oben kurz erwähnte Rechtsschutzversicherung wieder ins Spiel. Zur Verteidigung benötigen Sie hier als Landwirt einen spezialisierten Rechtsbeistand, und zwar von Anfang an! Dazu in einem separaten Artikel später mehr. Eine Betriebshaftpflichtversicherung leistet auch bei einer Regressnahme durch die jeweilige Berufsgenossenschaft. Eine solche Regel tritt vorwiegend dann in Kraft, wenn eine grobe Fahrlässigkeit seitens des Arbeitgebers vorliegt.

Sind Gewahrsamsschäden inkl. Brems-, Betriebs- und Bruchschäden mitversichert?

Gewahrsamsschäden sind einfach gesagt Unfallschäden an geliehenen Maschinen. Brems- und Bruchschäden erklären sich von allein. Unter Betriebsschäden werden Schäden verstanden, die z. B. durch Fehlbedienung entstehen können. Als Versicherungssumme empfehlen wir mindestens 50.000 EUR.

Experten-Tipp: Ist die Leihe von Landtechnikhändlern eingeschlossen?

Viele uns bekannte Deckungskonzepte sehen nur die Leihe im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder des überbetriebliches Maschineneinsatzes vor. Diese Klausel ist definitiv nicht mehr zeitgemäß! In alten Policen findet man auch noch Regelungen zur Dauer der Leihe. Standard ist meist immer noch 1 Monat. Gute Konzepte bieten hier mindestens 3 Monate.

Bei selbstfahrenden Arbeitsmaschinen (SFA) ist darauf zu achten, dass diese in den TÜV Gutachten oder in der Betriebserlaubnis (BE) auch als solche deklariert sind. SFA sind in den uns bekannten Deckungskonzepten auch nur bis 20 km/h beitragsfrei mitversichert. Liegt die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h, gilt es Rücksprache mit Deinem Versicherer zu halten. Gerade bei gebrauchten Maschinen kommt es vor, dass es keine BE mehr gibt. Hier bleibt als Ausweg nur ein Anruf beim Hersteller, um in Erfahrung zu bringen, ob es für die betreffende Maschine noch Unterlagen oder eine Musterbetriebserlaubnis gibt. Unser größter Schaden war ein durch einen Radlader beschädigtes Auto – Schadenhöhe? 20.000 EUR!

Wir finden auch immer mal wieder Policen, in denen Flurschäden durch ausgebrochene Weidetiere nicht eingeschlossen sind. Viele Gärten gleichen heute eher einer Parkanlage. Stehen Teile einer Rinderherde in einem solchen Garten, sind die Kosten für die Instandsetzung nicht unerheblich. Unser größter Schaden war hier ca. 5.000 EUR. Die Rinder sind gleich durch mehrere Vorgärten gelaufen. 

Aufpassen gilt auch bei Pensionspferden auf dem Hof

Hier ist die Rechtsprechung mittlerweile eindeutig. Verletzt sich ein Pferd auf Eurem Hof, ist der Betrieb zu einem sehr hohen Prozentsatz zum Schadensersatz gegenüber dem Einsteller verpflichtet. Ein Pensionsbetrieb hat nach der geltenden Rechtsprechung alles dafür zu tun, damit sich kein Tier verletzen kann. Was vor 10 Jahren mit dem Besuch des Tierarztes erledigt war, wird heute in einer Klinik behandelt. Die gesamten Kosten für Behandlung und Unterbringung betrugen in einem aktuellen Fall knapp 5.000 EUR.

Unsere Empfehlung an Euch, bitte prüft Eure Betriebshaftpflicht! Und prüft folgende Dinge:

  • Ist die aktuelle Police noch auf dem neusten Stand?
  • Stimmen, die versicherten ha Flächen, mit den tatsächlich bewirtschafteten ha Flächen überein?
  • Sind die Versicherungssummen hoch genug bemessen?
  • Sind geliehene Maschinen hoch genug mitversichert?
  • Sind die vorhandenen selbstfahrenden Arbeitsmaschinen alle mit aufgeführt / mitversichert?
  • Für Reitbetriebe, sind die Obhutsschäden an Pensionspferden eingeschlossen?

Mittlerweile gibt es Deckungssummen am Markt in Höhe von 10 Mio. EUR, pauschal für Personen- und Sachschäden.

Torsten Kaiser-Schröder

Torsten Kaiser-Schröder bringt über 20 Jahre Erfahrung als Versicherungsmakler für landwirtschaftliche Familienbetriebe mit. Jahrgang 1970, aufgewachsen auf einem Bauernhof mit 200 Zuchtsauen und 75 ha Ackerland, hat er als Diplom-Agraringenieur und zertifizierter Risikomanager (TÜV Nord CERT GmbH) eine tiefe Verbundenheit zur Landwirtschaft. Als Experte für Generationenberatung und Firmenkundenversicherung nutzt er sein umfangreiches Wissen, um landwirtschaftliche Betriebe umfassend abzusichern und bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen.

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